Heavy Metal, Burgen und die Sehnsucht nach einer aufrichtigeren Zeit
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Vor vielen Jahren beschloss ich für mich, dass Heavy Metal nicht nur meine Musik sei, nein, es war noch viel mehr - nämlich eine Lebenseinstellung! Meine alten Herrschaften sahen das aber ganz anders. "Lebenseinstellung, mein Junge? Das ist keine Lebenseinstellung, vielmehr stellst du mit dieser Subkultur dein Leben ein. Du bist auf dem Holzweg." Das dieser angeblich falsche Weg aus Metall ist, sei hier nur ganz nebenbei erwähnt. Hoffend, es ginge irgendwann vorüber, haben meine Altvorderen der Zukunft den Zuschlag gegeben. Das ersehnte Ende vom Lied wurde jedoch nie komponiert, dafür aber viele geile Heavy Metal-Scheiben, die meinen stählernen Weg zuverlässig festigten.
Was hat das nun alles mit der Einleitung dieser Zeilen auf sich? Nun, vor ein paar Wochen - 25 Jahre nach der "HOLZWEGPROPHEZEIUNG" - haben mir die Altvorderen ein Buch geschenkt, wohl wissend, der Verrückte kraucht gern auf Burgen und Schlössern herum. Und was müssen meine Augen in diesem Buch lesen? Genau, wir - die Heavy Metal Maniacs - sind die Guten, oder ist die Sehnsucht nach einer aufrichtigeren Zeit etwa verwerflich? Ich denke nicht, und darum möchte ich nun einen Textauszug des Buches "Kleine Burgenkunde" (von Michael Losse) in den Stein des WWW meißeln. Ich zitiere:
"Die Metal-Szene, die sich überwiegend als unpolitisch und trendunabhängig versteht, zeigt bei oberflächlicher Betrachtung eskapistische Tendenzen, doch ist Gegenwartsflucht fast immer symbolisch gemeint: Geschichte, "das Mittelalter", Burgen und historische Orte sind wichtige Dimensionen im Metal. Viele Metal-Konzeptalben sind historischen oder fiktiven "mittelalterlichen" Themen gewidmet (z.B. Siegfried [A]: Niebelung). Burgen dienen als Kulissen für Band-Fotos (z.B. für die Bands Emerald [CH], Immortal [NOR], Amon Amarth [SWE], Molly Hatched [USA]);sie sind vielerorts gesuchte Festival- und Konzertorte (z.B. Berlin-Spandau, Zitadelle: Zita-Rock; Mühlheim an der Ruhr, Schloss Broich: Castle Rock und Burgfolk). Burgen können Hauptthemen von Liedern (Festung Nebelung [D]: Die Sage von Burg Weißenstein, 2007; XIV Dark Centuries [D]: Our Mighty Fortress [Castrum Haltinberc]; Die Drei Gleichen, 2002) oder bloße Motive sein (z.B. Frei.Wild [I]: Südtirol, 2009).
Metaphorisch deutbar sind auf Burgen und Festungen verweisende Band-Namen (Dark Fortress; Festung Nebelung; Fortress under Siege [GR]). Im Death und Black Metal sind bis zur Unleserlichkeit stilisierte, ornamentale Schriftzüge der Bandnamen üblich; den der Band Dark Fortress überragt eine stilisierte, vieltürmige Burg. Dem wichtigen visuellen Aspekt des Metal entsprechend legen Musiker viel Wert auf die Gestaltung der CD-Cover/-Booklets, auf denen oft Burgen abgebildet sind, manchmal eingebunden in eine individuelle Ikonographie (Mystic Prophecy [D/GR]: Fireangel, Titelbild: Burg Cochem/Mosel; Haggard [D]: Tales Of Ithiria, 2008: Burg Heidenreichstein/Östereich, brennend, davor ein erschlagner Kämpfer; Rammstein [D]: Rosenrot, 2005, im vierteiligen Polyptychon des Booklets: Schloss Neuschwanenstein in einer Polarszenerie im Hintergrund eines aufgelaufenen Schiffes).
Burgen, Schlösser und Festungen sind für viele Fans Sehnsuchtsorte und Symbole einer besseren, aufrichtigeren Zeit."
In jedem Falle ist die Betrachtungsweise des Autors Michael Losse doch sehr interessant , zeigt sie doch u.a. auf, dass wir das Herz am richtigen Fleck haben, und wie so oft im Leben eines Menschen, kommt es genau auf diesen Umstand an, oder? Daraus folgt: Wir sind wirklich die Guten. Was zu beweisen war!
Dirk
Quellen & Bild: Kleine Burgenkunde von Michael Losse / Century Media - Biographie Dark Fortress / Cover Dark Fortress - Idolon - 2008
