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Obscura - Interview mit Steffen Kummerer - zum neuen Album "Akróasis" - Interview mit Steffen Kummerer - Obscura - verbinden Astrophysik und Religion miteinander

Steffen: Gut, dass Du das anspricht. Ich habe versucht, auch mit den Lyrics und dem damit verbundenen Gesang dem Anspruch der Musik gerecht zu werden. Es gibt ganze viele Metal Bands, die schreiben wahnsinnig durchgecheckte und ausgecheckte Musik und dann schreit aber nur irgendjemand drüber. Ich fand es irgendwie wichtig, dass die Themen nicht nur über Biersaufen und Massenmörder-Geschichten handeln und sich auch der Gesang dem Niveau der Musik nähert. Wenn ich auf jeden einzelnen Song eingehen soll, fange ich aber mal mit "The Monist" (2) an.

Dieser Bewusstseinsfindung des kompletten Zyklus' habe ich einen Namen gegeben und zwar "The Monist". Der Titel ist abgeleitet von dem Monismus - das Gegenteil vom Dualismus. Im christlichen Glauben gibt es immer Himmel und Hölle, Gott und Satan, Licht und das Dunkel. Die Idee des Monisten ist, alles in einem zu sein. Ein guter und gleichzeitig böser Gott, der sich zusätzlich bewusst wird, dass er in einer Endlosschleife hängt. Diese Endlosschleife ist: Perpetual Infinity (7). In "Ten Sepiroth" zum Beispiel, habe ich die ganzen Ideen aus verschiedenen Weltreligionen einfach umgedreht und die komplette Geschichte in diesem invertierten Gedanken aufgeschrieben. Um das auf den astrophysischen Part runterzubrechen, habe ich eine These von einem Münchener Astrophysiker aufgegriffen (Günter Hasinger), der ein recht interessantes Buch über das Schicksal des Universums schrieb. Er erläuterte verschiedene Thesen, auch wenn er nicht jede vertritt. Eine blieb mir besonders im Ohr: Die Idee, dass der Großteil der Masse unseres Kosmos' aus dunkler Materie besteht. Somit wäre der Status Quo...Dunkel=das Sein=gut und das Licht ist folglich der Eindringling - wenn man es so will - das Böse, die Minderheit.

Ich habe versucht das Ganze in einem religiösen Kontext zu sehen. Wenn man es so sieht, ist "Ode To The Sun" (genialer Song - Anm. Red.) dann eine Huldigung des Todes. Im Prinzip ist das invertierte Religiosität und wenn mann dann noch einen Schritt weitergeht, sind wir beim antikosmischen Satanismus angekommen. Und "antikosmisch" haben wir in dem Sinne mit "Anticosmic Overload" schon 2009 behandelt. Es hängt alles irgendwo auf verschiedenen Ebenen zusammen. Um jetzt wieder auf die Songs des Albums zurückzukommen, ist Ode To The Sun, also die Huldigung des Todes und Sermon Of The Seven Suns ist aus der Sicht des Buddhistischen Glaubens, die Apokalypse durch die sieben Sonnen, die nach Jahrtausenden aufzieht, um den Planeten und die Existenz zu zerstören, womit wir wieder beim Eindringling als Licht angekommen wären.

Der Monist ist sich dessen komplett bewusst, auch dass er nicht aus seinem Status Quo heraus kann und zwar innerhalb der unendlichen Unendlichkeit. ("Perpetual Infinity") Dieses Wesen oder diese Identität hat auch seine eigen Regeln, jene wiederum im Song "Weltseele" behandelt werden, der auf einem Gedicht von Goethe fußt. Das fand  ich sehr interessant. Ich habe wirklich versucht jeden Song mit einem anderen zusammenzuhängen sowie mit den vorherigen Alben zu verknüpfen. Egal ob Du Physiker bist oder religiös veranlagt bist, als Poet oder Philosoph verschiedene Ansichten vertrittst, am Schluss geht alles zu Grunde - sterben muss jeder. Womit wir beim Vorgriff auf die vierte Platte angekommen sind, auf der thematisch der komplette Kosmos implodiert. 

metaltalks.de: Grundgütiger! Das muss man erst einmal verarbeiten. Mal sehen, ob der Interview-Text das wiedergibt. Wir geben uns Mühe, versprochen! Themensprung! Die orchestralen Elemente auf "Akróasis" klingen sehr realistisch. Sind das echte Aufnahmen der Instrumente oder sehr gute Samples?

Steffen: Auf der Platte ist alles echt. Keine digitalen Spielereien. Wir haben analog aufgenommen und auch die Streicher sind echt. Wir haben über den Vater unseres Bassisten, der u.a. mit den Bayreuther Festspielen sein Tun hat, Kontakt zu den Berliner Symphonikern bekommen, von denen wir einige Musiker angeheuert haben, die uns das Material in einem Berliner Studio einspielten. 

metaltalks.de: Ihr habt rein analog aufgenommen?

Steffen: Keine Bandmaschine! Wir haben mit unserem Live-Equipment und echten Amps aufgenommen und sind erst dann in den digitalen Bereich. Uns war es sehr wichtig, genau mit den Instrumenten aufzunehmen, mit denen wir auch live spielen. Bis auf ein superteures Neumann-Mic werden wir auch diesmal alles wieder bei unseren Konzerten verwenden. 

metaltalks.de: Anderes Thema: Ihr seid 2013 und 2015 mit Death DTA live unterwegs gewesen. Mal abgesehen davon, dass ihr oder Du vermutlich auch schon früher Death gehört habt, wird man rein kompositorisch nach so einer Tour nicht wahnsinnig beeinflusst?

Steffen: Nein. Nicht mehr und nicht weniger als vorher. Death oder Chuck Schuldiner waren mit der Grund, warum ich überhaupt eine Gitarre angefasst habe. Das war schon immer einer der Haupteinflüsse und das hat man auf den ersten Alben noch viel deutlicher gespürt als jetzt. 

metaltalks.de: War es für Dich ein Problem das Material von Chuck live zu spielen?

Steffen: Naja, es gibt ein paar wirklich ausgefuxte Parts, aber das betrifft eher das Zusammenspiel. Für damaliger Verhältnisse war das sehr technisch und unglaublich anspruchsvoll, aber sieh Dir heute die jungen Tech Death Bands an, die das Material sogar auf 320 bpm runterdudeln. Ich glaube, es st das Zusammenspiel. Das muss in Stein gemeißelt sein, sonnst funktioniert die ganze Musik nicht. Das ist das Wichtigste. Death haben früher viele Parts ihrer Alben live aufgenommen und das hört man auch, wobei es auch meine Sicht auf die heutigen, technischen Möglichkeiten veränderte. Als Band zu funktionieren und nicht nur am Rechner konstruierte Sachen nachzuspielen, hat mir die Augen geöffnet. Sich da reinzufuxen und das Interplay mit der gesamten Band zu lernen, war die größte Herausforderung für mich. 

metaltalks.de: Hast Du Death früher selbst live erleben können? Steffen: Leider, leider nicht. Viele andere, aber Chuck leider nicht.

metaltalks.de: Ist für Dich ein Traum in Erfüllung gegangen, als Du mit alten Helden während der Death Tour auf einer Bühne gestanden hast?

Steffen: Es ist schon ein absolutes Highlight mit Musikern auf einer Bühne zu stehen, wegen denen man u.a. überhaupt angefangen hat Musik zu machen. Ja, das war schon ergreifend.

metaltalks.de: Wie geht es Christian Münzner derzeitig? Er musste die Band ja verlassen, weil er aufgrund einer Fokalen Dystonie an der Greifhand nicht mehr Gitarre spielen konnte. Es muss extrem bitter für ihn gewesen sein. 

Steffen. Es geht ihm inzwischen schon viel besser. Steffen spielt sogar wieder in einer Band. Er hat ein paar Therapien ausprobiert. Momentan bekommt er alle 4-5 Monate eine Art Botox-Injektion. Das klingt ziemlich schräg aber scheint zu helfen und damit kann er dann wieder relativ gut spielen. Da es ein neurologisches Problem ist, spielt natürlich auch Stress eine Rolle, aber für Online-Lessons oder Gitarrenunterricht ist das ok. Richtige Tourneen kann und will er auch nicht mehr spielen. Das ist wirklich etwas Anderes als im Studio Dinge einzuspielen. Laut eigenen Aussagen kann er fast alles das wieder, was er früher einmal konnte. Er hat auf alle Fälle auch wieder den Spaß an der Musik gefunden und das ist das Wichtigste.

metaltalks.de: Schön zu hören! Gleichzeitig ist das auch ein super Schlusswort. So, das war echt viel Information und super aufschlussreich. Wir freuen uns wirklich, das neue Album von einer anderen Seite kennengelernt zu haben, auch wenn aufgrund dieses langen Interviews das Album-Review und dieses Gespräch ein paar Tage später online gehen.

Vielen Dank, Steffen und viel Erfolg mit "Akróasis".

Steffen: JA, danke auch und bis bald!

Interview: Dirk



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