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John Garcia - Interview vom 9. November 2014 im Berliner Lido


John Garcia - Meine künstlerische Freiheit wird durch niemanden eingeschränkt - Backstage Interview vom 9.11.14 - Wer am 9. November in Berlin ein Interview plant, der muss von allen guten Geistern verlassen worden sein. Wenn das Interview auch noch im Berliner Lido stattfindet, einem ehemaligen Grenzgänger-Kino, direkt an der Spree, dem Epizentrum der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, dann ist einem ohnehin nicht mehr zu helfen. Unser Matze kam trotz allem pünktlich an und konnte John Garcia ein paar wirklich interessante Statements entlocken. Here we go:

Hi John, Danke dass Du Dir Zeit für uns nimmst! Wie war der Gig gestern in Rostock, es war der Erste mit dem neuen Material in Deutschland oder?

Es war der erste Gig in Deutschland und ich war wirklich überrascht! Es war nicht ausverkauft aber das Publikum war wirklich gut, die Leute sind gut mitgegangen und die Resonanz war großartig!

Kannten die Leute die neuen Songs?

Wir spielen neue Songs, wir spielen einige Kyuss Songs, einige Slo Burn Songs, die Resonanz war bei allen sehr gut. Dadurch, dass das Video von „My Mind“ draußen war kann man vielleicht sagen, dass der Song einer der bekanntesten ist. Aber auch „5000 Miles“ – welchen Danko Jones schrieb – funktionierte gut, „Rolling Stoned“ von Black Mastiff funktionierte gut, „Argleben“ und „Flower“ funktionierten sehr gut – das war wirklich ok, ich bin zufrieden!

Bevor ich das Cover auf Deiner neuen Scheibe hörte kannte ich Black Mastiff nicht, durch den Song habe ich mich ein wenig mit Ihrer Musik beschäftigt – der Sänger ist wirklich gut!

Sie haben gerade Ihre neue Platte herausgebracht…

Und Du warst Produzent? Wobei, Du hasst das Wort Produzent

Richtig, Du hast Deine Hausaufgaben gemacht, besten Dank! Es ist richtig, ich mag das Wort nicht. Ich mag die Band und war nur mit Ihnen im Studio, hing ein bisschen herum und kümmerte mich einfach, ich kümmerte mich mit um die Platte.

Du bist jetzt einige Zeit mit dem neuen Material auf Tour – zuletzt in Australien, glaube ich.

Ja, es ist aber alles noch ziemlich neu, wir hatten vier Shows da unten, lass mich kurz überlegen, das hier ist tatsächlich erst unsere zehnte Show.

Nicht so wahnsinnig viel bis jetzt…

Nein, aber wir haben geprobt wie die Verrückten, wir sind wirklich gut vorbereitet!

Bemerkst Du einen Unterschied in der Reaktion des Publikums verglichen mit der Vista Chino Tour im letzten Jahr?

Ich weiß nicht, ich meine, die Resonanz ist wirklich sehr positiv, das war bei Vista Chino auch so und der einzige Unterschied ist wohl die Anzahl der Leute, es waren ein paar mehr Leute bei den Vista Chino Shows als bisher bei meinen Solo Shows. Ich hatte nicht mehr oder weniger erwartet, eigentlich sogar eher weniger, aber Du musst bedenken, die Musik die wir spielen ist eben nicht jedermanns Sache. Ich denke auch nicht wirklich ernsthaft über solche Sachen nach. Ich bin einfach froh, wenn 5 Leute kommen. Wenn 5 Leute da sind, bin ich glücklich. Wenn 250 Leute da sind, bin ich sehr glücklich. Ich mag es, wenn die Leute kommen und eine tolle Zeit haben.

Ich bin mir sicher, dass heute Abend mehr als 5 Leute da sind…

Nach dieser Erfahrung mit der Produktion Deines Soloalbums: was sind die größten Unterschiede bezüglich der Arbeit als Solokünstler verglichen mit der Arbeit innerhalb einer Band?

Es ist eine ganz andere Energie…

Bedeutet es mehr Freiheit für Dich?

Ja, mehr Freiheit, es ist eine viel größere Freiheit aber auch eine viel größere Verantwortung. Ich manage das jetzt selbst, mit der Hilfe der Plattenfirma, mit Hilfe von meinem Tourmanager Frank, meiner Presseagentin Mona, meinem Booking Agent. Das ist einfach eine andere Sache. Wenn es um den Unterschied zwischen der Arbeit im Studio und dem Live spielen geht - ich habe außer einigen wenigen keine von diesen Songs bisher live gespielt, das ist einfach ein völlig anderes Programm, eine ganz andere Energie. Aaron Groban half mir bei der Arbeit an dem Album, er ist auch auf dem Album zu hören, Mike und Greg kamen dann später dazu, aber die Energie nachdem die Platte draußen ist, stimmt mehr mit dem überein, was mir wichtig ist. Ich glaube, dass Bands live erstrahlen, wenn man so will. Und Du versuchst das auf Band einzufangen, manchmal funktioniert es und manchmal nicht. Ich glaube das Harper und Trevor (Produzenten) einen großartigen Job gemacht haben aber die Sachen live zu bringen ist eine völlig andere Energie, für mich einfach besser.

Nach diesen ersten Gigs, fühlt es sich schon wie eine richtige Band an?

Ja, keine Frage. Wir sind immer noch dabei, zu einer Einheit zu wachsen, aber wir arbeiten daran und ich bin echt zufrieden.

Wie muss man sich den Songwriting Prozess vorstellen? Ich weiß, dass einige der Songs des neuen Albums schon 20 Jahre alt sind aber wie läuft der Songwriting Prozess bei Dir normalerweise ab? Wie entwickelst Du neue Songs? Sitzt Du im stillen Kämmerchen und schreibst alles in einem Stück herunter oder entstehen die Songs Stück für Stück über die Zeit?

Das ist eine gute Frage, weißt Du, ich mag es zu schreiben, wenn meine Frau und meine Kinder aus dem Haus sind, ich habe einen Schreibtisch in meinem Schlafzimmer, mache die Aufnahmedecks klar. Und dann habe ich da eine Gitarrenlinie, normalerweise kommt die von einem von vielen Songschreibern mit denen ich arbeite. Und ich setze mich hin, tippe die Idee in meinen Computer, hab meine Mikrofone, meine Kopfhörer und mein Aufnahmeprogramm und höre mir das an. Entweder kommt mir dann gleich eine Idee oder erst einmal nicht. Normalerweise habe ich schon eine Idee im Kopf wenn ich den Song einmal gehört habe und ich kann daran arbeiten. Das passiert oft in der Art, wie ich einen Song höre – ob es mich etwas fühlen lässt oder nicht. Wenn ich etwas dabei fühle, dann arbeite ich daran weiter, es muss mich berühren. Wenn es mich nicht berührt, schmeiße ich es aus dem Fenster… Wenn ich fühle – zum Beispiel wenn ich die Sachen im Auto höre – das ist etwas, woran ich arbeiten möchte, beginne ich das Schreiben des Songs. Wenn die erste Zeile da ist, werde ich der Sklave des Songs. Ich schreibe dann nicht länger den Song, der Song schreibt sich selbst. Ich schreibe also eine Zeile und alles andere kommt ganz selbstverständlich hinterher, es fließt einfach auf ganz natürliche Weise. Wenn dann etwa doch ein totes Ende entsteht, werfe ich es weg. Oder es macht mich so wütend, dass ich eine Art persönliche Fehde mit dem Song habe. Ich habe dann eine Beziehung mit dem Song und er spricht zu mir: Du bekommst gar nichts in mich rein, verpiss Dich John, ich habe gewonnen und ich sage: ich werde Dich kriegen, immer mit der Ruhe…. Diese Kämpfe machen mir immer Freude!

Ich muss nicht stoned sein, um zu schreiben – ab und zu schon, aber ich bin nicht der Kiffer, den einige Leute in mir sehen. Manchmal gehe ich einfach raus, mach mir eine CD an, rauche eine, trinke ein Bier, einfach um ein bisschen zu entspannen. Und wenn dann etwas dabei herauskommt, dann passiert es und wenn nicht, dann eben nicht. Es macht einfach immer noch Spaß, zu schreiben.

Du musst also nicht in einer bestimmten Stimmung sein, besonders wütend oder deprimiert oder so etwas?

Nein, nicht wirklich. Ich mag es einfach dann allein zu sein, etwas Ruhe zu haben. Ich kann nicht schreiben, wenn die Kids nebenan Ratatouille sehen oder so etwas. Ich mag es, wenn alle weg sind, meine Gedanken zur Ruhe kommen und ich mich in meinen kleinen Schildkrötenpanzer zurückgezogen habe.

Das klingt sehr leicht…

Es ist gar nicht so leicht alle aus dem Haus zu bekommen und den Kopf frei zu bekommen.

Woher nimmst Du die Energie wenn Du live performst? Nimmst Du die Energie des Publikums auf?

Es kommt vom Song, es kommt aus den Emotionen des Songs. Die Texte der Songs bedeuten mir viel, meine Gefühle werden durch die Texte geprägt, durch die Melodie und ich zehre definitiv davon. Manchmal ist es das Publikum, normalerweise schaue ich aber niemanden zu lange an. Ich bin meist fixiert auf das Licht, einfach um unabhängig zu sein davon ob Leute vielleicht den Song nicht mögen, zur Bar oder aufs Klo wollen. Ich will das alles nicht sehen. Meistens bin ich auf einen Scheinwerfer fixiert, üblicherweise links von mir. Ich singe immer auf diese Art und bekomme meinen Input durch die Gitarre sowie die Band an sich. Dazu kommt, dass ein Text wie der von Argleben mich emotional sehr berührt, weil ein großer Teil von meiner Frau handelt, die deutsche Wurzeln hat. Meine Frau ist halb Deutsche, ihr Vater ist Deutscher. Argleben war Ihr Geburtsname bevor sie adoptiert wurde. Sie kennt Ihren wirklichen Vater, ich ebenso, er ist ein super netter Typ, Dennis Argleben, deshalb ist dieser Song so besonders für mich. Niemand weiß, um was es bei Argleben geht, es ist einfach der Geburtsname meiner Frau.

Aber es könnte im Deutschen auch eine Bedeutung haben. Arg steht im Deutschen für bitter, hart, es bedeutet etwas. Es gibt nicht direkt das Wort „Argleben“ aber es bedeutet etwas. Sehr lustig diese verschiedenen Ebenen.

Ja, das ist echt interessant!

Es braucht immer ein Weilchen für mich um warm zu werden und anzukommen und auf heute habe ich mich gefreut, denn in Berlin hatte ich immer gute Shows, also erwarte ich heute auch nichts anderes.

Wie schwierig ist es im heutigen Musik Business sich seine künstlerische Freiheit – in Bezug auf die Musik, das Artwork, die Texte etc. - zu bewahren?

Meine künstlerische Freiheit wird durch niemanden eingeschränkt. Ich würde das nicht zulassen. Von einer Plattenfirma oder irgendjemand Anderem. Es gibt immer mal Diskussionen um das Artwork und ich muss mich dann darum kümmern. Wenn jemand sagt, er mag das Artwork nicht, dann in erster Linie weil er sich mit darum kümmert. Ich schätze das sehr, ich schätze es, wenn jemand Außenstehendes seine Meinung dazu sagt. Es muss nicht immer mein Weg der richtige sein. Musikalisch geht es darum, was das Beste für den Song ist. Wenn Aaron Groban zu mir kommt und seine Idee ist besser als meine, ist mir das egal, dann nehmen wir Aarons Idee. Was immer das Beste für den Song ist. Aber niemandem ist es erlaubt, mir meine künstlerische Freiheit zu nehmen, ich würde das nicht zulassen.

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