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Helloween - Interview zum neuen Album "My God-Given Right" Teil 1


Und schon wieder führte es uns ans Berliner Spreeufer. Nicht der Weg war das Ziel, vielmehr stand ein Interview mit Andi Deris und Michael Weikath von Helloween auf dem Plan, das anlässlich der kommenden Veröffentlichung des neuen Albums "My Gog Given Right" im NHOW Hotel stattfinden sollte. Doch bevor ich das überaus moderne Hotel in Pink überhaupt betreten konnte, musste ich mich durch abertausend Schaulustige wühlen, die den kläglichen Resten der Berliner Mauer ihre Aufwartung machen wollten.

Vorbei an Horden asiatischer Fotografen, immer auf Tuchfühlung mit dem drei Meter hohen und latent hässlichen Betonwurm, schlängelte ich mich langsam aber sicher in Richtung Oberbaumbrücke, dem Dreh- und Angelpunkt des größten - täglich wiederkehrenden - Massenauflaufs im Herzen Berlins. Obwohl ich kurz vor dem Interview nur noch Gedanken für Helloween fassen konnte, füllte ich die mir verbleibende Zeit mit der Beobachtung des betrügerischen Treibens der fantastisch organisierten Hütchenspieler aus, die im Schatten der Mauer im Minutentackt gutgläubigen Berlin-Touristen die Scheinchen aus der Tasche zogen.

Here We Go: Während sich Andi & Michael für etliche Fotos der angereisten Lokalpresse in Pose stellten, versuchte ich das allseits präsente Pink der Hoteldekoration aus meinem Panorama zu verbannen. Ellipsenartige Muster - so weit das Auge reichte, Metallstühle, Sofas und der Gleichen mehr - alles in Pink! Auf dem Weg ins Hotelzimmer klagte Andi bereits über diese aufdringliche Farbwahl. "Ich habe vergangene Nacht keine Auge zubekommen", zischte er schmunzelnd zu mir rüber und deutete dabei auf die quietsch-pinken Muster am Boden des Hotelbodens.

metaltalks.de: Jetzt aber, lasst uns anfangen. Wat? Berliner Dialekt ist euch lieber als Bayrisch? Da bin ick aber vonne Socken. (Es folgte eine minutenlange Debatte über Dialekte von Nord bis Süd.) Doch nun lasst uns endlich über Euer neues Album sprechen, denn "My God-Given Right" offenbarte uns schon nach dem ersten Durchlauf eine Handvoll Ohrwürmer, eine satte Produktion und jede Menge guter Ideen. Apropos Produktion, habt ihr zum Vorgängeralbum Änderungen bei den Aufnahmen und der Produktion vorgenommen? Das Album klingt sehr warm und authentisch.

Andi: Ja, wir haben viel von unserem heißgeliebten 80er Jahre Equipment verwendet, was sich unser Produzent für teuer Geld anschaffen musste. (Gelächter) Alle Sounds, die vor der digitalen Aufnahme analog erzeugt werden konnten, haben wir mit den uns möglichen Mitteln verarbeitet. Wir haben sozusagen alles in einen digitalen Fluss gegeben und erst zum Schluss den ganzen Käse in die Computerkiste geschickt. Die Magie, die in einem analogen Gerät produziert wird, bekommst einfach nicht mit einem digitalen Effekt hin, auch wenn die Musikindustrie etwas anderes erzählt und digitale Effekte mit dem Klang einer analogen Bandmaschine von 1968 anbietet. Das ist alles völliger Bullshit.

metaltalks.de: Habt ihr wieder alles in Teneriffa aufgenommen?

Michael: Ja, Aufnahmen und Mastering erfolgten durchweg in Teneriffa bei unserem Charlie.

metaltalks.de: Dann steigen wir doch jetzt direkt in die einzelnen Songs ein. "Heros" macht auf dem Album den Anfang. Wer sind hier die Helden?

Michael: Es geht um die Heldenhaftigkeit der kleinen Leute, die sich das eigentlich auch nicht aussuchen können, weil sie eben gar nichts haben. Sie jonglieren sich von einem Tag zum anderen und kämpfen ums nackte Überleben. Natürlich kann jeder ein Held sein. Selbst kleine Gesten oder Nettigkeiten, mit denen Du anderen Menschen helfen kannst, sind auf gewissen Weise Heldentum.

metaltalks.de: Mit "Battle's Won" kommt gleich der nächste Kracher, nur geht es hier vermutlich um andere Helden. Wer kann die Schlacht für sich verbuchen?

Andi: Letztendlich ein bekanntes Thema. Der Song prangert all jene an, die auf dem Rücken von armen Schweinen verdammt viel Geld machen. Das Stichwort Waffenlieferanten sollte hier ausreichen. Wir haben das Thema sehr zynisch umgesetzt.

metaltalks.de: In "My God Given Right" kann man sehr viel reininterpretieren, vermutlich ist es gar nicht so kompliziert. Was hat es auf sich, mit dem von Gott gegebenem Recht? Im Übrigen ein Song auf dem Album, der mit absolutem Ohrwurmcharakter zu überzeugen weiß.

Andi: Letztendlich geht es in diesem Song um meine Erinnerungen an eine Zeit, in der ich mich entscheiden musste, womit ich später einmal meine Brötchen verdiene. Während meine Mutter vom Studieren oder einer gescheiten Ausbildung sprach, sagte meine Vater: "Junge, es ist dein gottgegebenes Recht zu tun, was du für richtig hältst. Wenn Du glücklich bist, dann bin ich es auch." Vor zwei Jahren habe ich meinem Sohn dann fast das Gleiche gesagt, als er mich nach dem Abitur dazu befragte. Nur war ich noch in einer viel schlechteren Position als mein Vater. Was willst Du deinem Kind als Rock-Musiker raten?



metaltalks.de: In jedem Falle ein cooles Thema und fast auf alle Bereiche des Lebens reproduzierbar. Mit "Stay Crazy" folgt gleich noch ein positiver Song, der vermutlich auf euer Dasein bei Helloween abzielt.

Andi: Ja, wahrscheinlich der einzige 30 Jahre Helloween Song. Ein Resümee, durch das wir feststellten, dass letztendlich alles gut ist. Es gab Höhen und Tiefen, aber am Ende des Tages wollen wir nichts anderes machen & lass uns vor allem mal so verrückt bleiben wie wir sind.

metaltalks.de: Klare Aussage. Track 5 - "Lost In America" - handelt bestimmt von einem Tag in der Kariere Helloweens, an dem nicht alles so glatt lief, oder?

Andi: Korrekt, wir mussten 17 Stunden auf einem Flughafen in Belize abhängen, weil den Arschgeigen auf einmal einfiel, sie müssten eine Flugshow machen. Als wenn sie das nicht schon Monate vorher gewusst hätten. Dem nicht genug, denn als wir endlich im Flugzeug saßen, vielen alle Instrumente aus und der Pilot zog es vor, solange es noch hell war, per Sicht zurückzufliegen. Er wusste nicht wirklich, wo er war. Wir haben die Worte des Piloten, mit denen er sich an die Passagiere wandte, im Refrain fast originalgetreu wiedergegeben. "We are kind of lost here in America"

metaltalks.de: Habt ihr es zur nächsten Show in Sao Paulo noch geschafft?

Andi: Ja, das war echt knapp und Mega-Stress. Unsere Crew musste ganz schön ran, sodass wir den Zeitplan gerade noch einhalten konnten. Der Day-Off war natürlich auf und davon.

metaltalks.de: "Russian Roulé", ist das ein Wortspiel? Der Song stampft ziemlich derb los. Habt ihr euch da etwas von der Seele geschrieben?

Micheal: Der Song ist in Anlehnung an das Thema vom Titeltrack zu sehen. Russian Roulé bedeutet logischerweise nichts anderes als Russisches Roulett, nur steht das Wort Roulé im Französischen für Rock. Wir verarbeiten in diesem Song die Sichtweise zum Thema einer eventuellen Kariere als Rock Musiker. Entweder es klappt oder wie in sehr vielen Fällen eben nicht. Es ist wirklich wie beim Roulett mit dem Colt. Du kannst Pech haben oder extrem durchstarten. Als 19jähriger habe ich mir mal die Haare abgeschnitten und einen auf Versicherungsvertreter gemacht, da mein direktes Umfeld meinte, ich soll doch mal etwas Vernünftiges machen. Nach drei Tagen habe ich den Leuten die Papiere vor den Arsch geknallt und ihnen erzählt, dass ich jetzt abhaue, weil es mir echt zu doof war. Die Reaktionen der Leute auf meine kurzen bzw. normalen Haare waren auch sehr prägend. Irgendwie war ich austauschbar und jeder dachte, er kann mit mir machen was er will, weil ich vermutlich sowieso jeden Tag meine Meinung ändere. Ich habe mir dann ganz schnell die Haare wieder wachsen lassen und wollte Rock-Musiker werden. Als die Leute wiederum das hörten, meinten sie: "Was, du willst Musik machen und Platten aufnehmen? Das ist ja wie Russisches Roulett!"

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